Republikanischer Club - neues Österreich

Donnerstag, 2. Dezember 2010, 19.30 Uhr, im RC

ZIVILGESELLSCHAFT ALS GESTALTENDE  KRAFT IN ÖSTERREICH
Die Podiumsdiskussion wird von den Jungen im BSA im Rahmen des offenen Forums in Kooperation mit dem Republikanischen Club organisiert

Podiumsdiskussion mit:
Freda MEISSNER – BLAU
Günther OGRIS
Christian FELBER  (Sprecher von ATTAC Österreich)
Alexander EGIT (Geschäftsführer von Greenpeace Österreich)
Barbara WEBER (Amnesty International Österreich)

Im Herbst 2010 gab es eine Vielzahl zivilgesellschaftlicher Initiativen von „Machen wir uns stark“ über „Gegen Unrecht“ bis in diesen Tagen angesichts der Auswirkungen des Sparpakets zur Initiative „Zukunftsbudget“. Ist Veränderung möglich, wenn sich eine kritische Zivilgesellschaft auf breiter Basis organisiert?

Freitag, 12. November 2010, 19 Uhr, im RC:

ENTSOLIDARISIERUNG – Rückzug ins Private?

Orientierungslosigkeit angesichts der europäischen und weltweiten Umbrüche, die mit dem Begriff Globalisierung charakterisierte Entgrenzung der Erfahrungsräume haben den Rückzug ins Private zur Folge, wohl auch ein verstärktes Bedürfnis nach Orientierung an Konzepten von Erfahrung und Identität. Das Interesse an Einzelschicksalen ersetzt tendenziell die Auseinandersetzung mit Strukturen – politische Ratlosigkeit auch eines großen Teils des westlichen Feminismus angesichts der Veränderungen der inneren Struktur der Gesellschaft, ihrer sozialen Systeme, Normen und Moral, ihrer politischen Kultur und der sie tragenden Ideologien. Die Fähigkeit, über verallgemeinerbare Interessen nachzudenken, minimiert sich.
Vortrag von: Kornelia HAUSER (Professorin für Gesellschafts- und Kulturwissenschaften, Universität Innsbruck)

Donnerstag, 17. Juni 2010, 19 Uhr, im RC

LUEGER DENKMAL – EIN ÖFFENTLICHES ÄRGERNIS
Klarstellen oder Abtragen?

Wie sollen Künstler/innen und Intellektuelle mit Ikonen des Antisemitismus im öffentlichen Raum verfahren? Diskussion und Präsentation rund die diskutierte Umgestaltung des Karl Lueger Denkmals.
Diskussion mit dem Arbeitskreis zur Umgestaltung des Lueger Denkmals in ein Mahnmal gegen Antisemitismus und Rassismus, der AG Geschichtspolitik und

Doron RABINOVICI (Historiker und Jurymitglied, Rep. Club),
Univ. Prof. Daniela HAMMER TUGENDHAT (Institut f. Kunst- und Kulturwissenschaften, Wien)
Eva BLIMLINGER (Historikerin),
Martin KRENN (Arbeitskreis zur Umgestaltung des Lueger Denkmals),

Moderation: Lilly PANHOLZER (Arbeitskreis zur Umgestaltung des Lueger Denkmals)

Veranstaltung „Lichtertanz gegen Rosenkranz“ am 25.3.2010

Auf Wahlplakaten der FPÖ ist derzeit Strache zu sehen mit der Parole: „Wir wählen, wen wir wollen.“ Da kann ich nur sagen: Unglaublich; endlich hat Strache das Prinzip demokratischer Wahlen begriffen. Aber was ist der tiefere Sinn dieses Slogans? Was will uns der Führer der Rechtsextremen damit sagen: Etwa, daß er bisher immer jene gewählt hat, die er gar nicht wollte? Meinte denn der einstige Wehrsportskamerad von Küssel & Co, es ginge nicht darum, eine Partei anzukreuzen, sondern bloß darum die anderen Konkurrenten am Wahlzettel auszulöschen? Sie auszuradieren? Immerhin: so ein Mißverständnis würde ideologisch zu seinen damaligen Kriegsspielen recht gut passen.
Aber nicht nur Strache wählt Rosenkranz, weil er sie – ach – so sehr will. Auch die Nationale Volkspartei schmückt sich mit Rosenkranz. Das Parteiprogramm der Nationalen Volkspartei entstammt Teilen des Lehrplans für die weltanschauliche Erziehung in der SS aus dem Jahr 1944. Ja, teils wortwörtlich von 1944 abgeschrieben. Die Vorstandsmitglieder der NVP, ehemalige Anführer neonazistischer Gruppen, unterschrieben bereits Unterstützungserklärungen für Rosenkranz. Rosenkranz hat sich bisher nicht vom Wahlaufruf der NVP distanziert. Die Unterstützungsformulare aus diesem Eck beweisen es: Rosenkranz ist die Kandidatin für Rechtsextremisten und Neonazis. Die eidesstattliche Distanzierung vom Nazismus mußte ihr mit aller Macht abgepreßt werden. Sie wirkt deshalb wie ein bloßes Lippenbekenntnis. Stellen wir es deshalb eindeutig, frei nach Strache fest: Wer Rosenkranz wählt, der will sie. Wer sie wählt, soll uns nachher nicht mit fadenscheinigen Ausreden langweilen. Wer sie unterstützt, befördert jenen Ungeist, der einmal schon nach Auschwitz führte.
Ich wundere mich ja nicht darüber, wenn Rosenkranz es nicht schafft, sich jenseitige Recken vom Leib zu halten. Sie ist ja mit so einem verheiratet. Ich wundere mich nicht, wenn die Freiheitlichen sie aufstellen. Sie haben schließlich den burschenschaftlichen Olympioniken des Rechtsextremismus, Martin Graf, zum Nationalratspräsidenten gemacht. Ich wundere mich nicht, wenn Rosenkranz Bücher gegen die Gleichstellung von Frauen und Männern schreibt. Sie sagt, Gleichstellung ist wider die Natur. Nein, wir müssen uns nicht wundern. Wir müssen bloß klarstellen: Diskriminierung ist nichts Natürliches, sondern immer nur eine Unkultur. Wir müssen uns nicht einmal darüber wundern, was im Verlagstext steht. Rosenkranz schreibt, heißt es dort, auch gegen die Verweiblichung von Verkehrsschildern. Wen wundert’s: Wer zweisprachige Ortstafeln bekämpft, kann sich auch vor der Verweiblichung von Verkehrsschildern fürchten. Plakativer kann die Verbindung zwischen Rassismus und Sexismus nicht sein.
Nein, das alles muß uns nicht verwundern, denn der eigentliche Skandal an der Kandidatur von Rosenkranz, ist der Meister des Kleinformatigen und heißt Hans Dichand. Unerträglich ist, daß die Krone, die schon seit Jahren das Zentralorgan des Ressentiments ist, nun so weit geht, Rosenkranz zu unterstützen. Unmöglich wäre so eine Haltung in einer großen Zeitung Deutschlands oder Frankreichs. Wer die Auschwitzleugung zur reinen Meinungsfrage erklärt, kann nicht damit rechnen, von der Bild Zeitung hochgepriesen zu werden. Hans Dichand hat sich eine Kandidatin erkoren. Dagegen stehen wir heute hier. Dagegen protestieren wir.
Aber wir sollten auch klarstellen: Dichand hat sich verkalkuliert. Die Reaktion innerhalb der österreichischen Bevölkerung gegen Rosenkranz war stärker, als er dachte. Die Abwehr gegen Rechtsextremismus und Vergangenheitsverleugnung war eindeutiger, als er hoffte. Deshalb mußte Dichand der freiheitlichen Kandidatin überhaupt diese eidesstattliche Erklärung abverlangen. Wir sollten das nicht vergessen. Wir sind heute viele, aber wir sind auch Teil einer größeren Bewegung. Wir stehen hier für viele, die zwar nicht hier sein mögen, aber die nicht schweigen wollen, wenn die Existenz von Gaskammern durch Tricks in Zweifel gezogen wird. Mit der Verharmlosung der Vernichtung konnte in Österreich nicht mehr gepunktet werden. Auch dafür stehen wir da.
Und immerhin: Sogar jene konservativen Politiker, die noch vor einigen Wochen meinten, Rosenkranz sei eine bürgerliche Alternative, rückten von ihr ab. Ja, wer hätte es gedacht: Selbst die Innenministerin Maria Fekter stellte klar, nicht für Rosenkranz stimmen zu wollen. Fekter meinte allerdings, für sie sei Rosenkranz unwählbar, weil sie ihre Kinder, weil also Hedda, Ute, Alwine, Sonnhild, Volker, Hildrun, Mechthild, Arne, Horst und Wolf, weil sie diese ganze Schar nicht taufen ließ und weil Rosenkranz selbst aus der Kirche ausgetreten ist. Sind das die Gründe, weshalb Rosenkranz für Demokraten unwählbar ist? Nein. Unsere Gründe heißen einfach Antinazismus und Demokratie.
Ich will nicht ungerecht sein. Endlich hat die Volkspartei den Wiener Akademikerbund ausgeschlossen. Wer weiß, vielleicht erleben wir es noch, daß die Volkspartei aufruft, nicht weiß zu wählen, sondern für einen demokratischen Kandidaten, der klar und deutlich für ein antinazistisches Österreich Stellung bezieht. Wer weiß, vielleicht erleben wir es noch, daß die Abgeordneten der Volkspartei und der Sozialdemokratie sich zusammen tun können, um Martin Graf als Nationalratspräsident abzuwählen. Gegen Rechtsextremismus und Rassismus hilft nicht Toleranz und nicht Gleichgültigkeit, sondern Zivilcourage und Gleichberechtigung. Nicht weniger können, nicht weniger dürfen wir fordern. Schon gar nicht, wenn es ums höchste Amt im Staate geht.
Es ist an der Zeit, antimuslimische Hetze und Antisemitismus nicht zu tolerieren und nicht zu akzeptieren. Es ist an der Zeit, Demokratie und Republik gegen ihre Feinde zu verteidigen. Es ist an der Zeit, die richtige Wahl zu treffen für ein Österreich, das sich der nazistischen Vergangenheit stellt, für ein Österreich der Demokratie. Es ist an der Zeit.

Rede von Doron Rabinovici
anlässlich der Veranstaltung "Lichtertanz gegen Rosenkranz" am 25.3.2010

Mittwoch, 17. März 2010, 19.00 Uhr, im RC

HUMANISTISCHES BILDUNGSIDEAL ODER GEBILDETES HUMANKAPITAL

Vom Zustand einer Uni, die brennt, mit:

Gerald BAST (Rektor – Universität für Angewandte Kunst)
Erich RIBOLITS (Bildungsforscher, Autor von „Bildung ohne Wert“)
Martina PFINGSTL (Mitinitiatorin der Protestbewegung, Senatsvorsitzende der Akademie der Bild. Künste)
Thomas WALLENBERGER (ÖH-BV stv. Vorsitzender)
Silvio LEHMANN (Soziologe)

Moderation: Andrea MAUTZ (Rep. Club)

Empfohlene Literatur: Erich Ribolits. Bildung ohne Wert. Wider die Humankapitalisierung des Menschen. Löcker, Wien 2009.


Donnerstag, 11. März 2010, 19.30 Uhr, im RC

SCHMISSE UND INTERNET
Neues zur Vernetzung der Rechtsextremen, mit:

Judith GÖTZ (Journalistin, Politologin)
Karl ÖLLINGER (NR, Grüne)
Kurt STÜRZENBECHER (GR, SPÖ)
Alexia WEISS (Schriftstellerin, Journalistin)

Moderation: Alexander EMANUELY (Rep. Club, LICRA)

Empfohlene Literatur: Völkische Verbindungen – Beiträge zum Korporationsunwesen in Österreich. ÖH- Wien, 2009.

Videostream auf —-> www.ichmachpolitik.at

Dienstag, 2 Februar 2010, 19 Uhr, im RC

SANKTIONEN
Diskussion anlässlich einer Präsentation des Sammelbandes „SANKTIONEN: 10 Jahre danach:
Die Maßnahmen der Länder der Europäischen Union gegen die österreichische Regierung im Jahr 2000“
(Hg. Martin Strauß / Karl-Heinz Ströhle) im Studien Verlag Innsbruck 2010.

Mit:
Nina HORACZEK
Sebastian KURAT
Doron RABINOVICI
Anneliese ROHRER
Gerfried SPERL
Martin STRAUß

Videostream auf –> etalks.tv



Dienstag, 26. Jänner 2010, 19.30 Uhr, im RC

Die Grazer Autoren/Autorinnen Versammlung und der Republikanische Club – Neues Österreich laden zur gemeinsamen Veranstaltung

MACHT.GELD.LITERATUR?

Was ist die Arbeit eines Schriftstellers wert? Welche Bedeutung hat sie für die öffentliche Hand? Wie viel Staat braucht die Literatur und wie viel an Staat verträgt sie? Droht ein subventionierter Autor zum Staatskünstler zu werden? Oder kann nur der Staat die Kunst vor dem Diktat des Marktes bewahren? Und unter welchen Bedingungen arbeiten heute Autoren und Autorinnen in Österreich?

Mit:

Claudia SCHMIED (Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur, SPÖ),

Thomas ROTHSCHILD (Literaturwissenschaftler, Autor und Journalist),

Maria TEUCHMANN (Geschäftsführerin des Thomas Sessler Verlages),

Wolfgang ZINGGL (Kultursprecher der Grünen im Nationalrat),

Sabine GRUBER (Schriftstellerin),

Moderation: Doron RABINOVICI


Rede anlässlich der Lichterkette am 18.6.2009 vor dem Parlament

von Doron Rabinovici

Martin Graf will uns glauben machen, die Entstehung dieser Republik habe nichts zu tun mit antifaschistischem Grundkonsens. Würde er damit meinen, es gäbe zuwenig an antifaschistischer Gesinnung, hätte er ja sogar recht. In diesem Staat blieben nicht bloß Nazimörder unbehelligt und ihre Opfer wurden verhöhnt. Der Mangel an Haltung ist bis heute unübersehbar, und niemand verkörpert diesen Defekt besser als der Skandal namens Martin Graf, dieser Verbindungsbruder zu naziversandelten Rechtsextremen.
Sicher: Im Namen des Antifaschismus wurde auch Schlechtes getan. Im Namen der Demokratie ebenso. Aber das ist kein Grund, Demokratie oder Antifaschismus zu eliminieren. Wenn letztlich heute hier Menschen demonstrieren dürfen, wenn diese Republik begründet werden konnte, dann nur weil es jene gab, die gegen den Nazismus aufstanden. Sie waren zu wenige zwar, aber um so mutiger. Sie riskierten ihr Leben. Sie setzten dem Terror ihre Gegenwehr entgegen. Ihre Parole lautete: Widerstand. Diese Lichterkette heute wird auch durch sie – und soll auch für sie leuchten.
Sie wußten: Da hat eine Grenze zu sein zwischen Faschismus und dieser Republik, da läuft eine Front zwischen Rassismus und Demokratie, da geht ein Graben zwischen Nazismus und Menschenrecht. Wir stehen hier, weil der Graben zwischen Nazismus und Menschenrecht, soviel ist aus der Geschichte klar, ein Leichengraben ist, ein Graben auf Leben und Tod. Wir stehen hier, weil es eine Grenze geben muß. Und diese Grenze, Herr Graf, ist erreicht. Es langt, Herr Graf, treten sie zurück.
Aber machen wir uns keine Illusionen. Martin Graf wird nicht zurücktreten. Er ist ja eben Parlamentspräsident, um das Amt für den Rechtsextremismus zu mißbrauchen. Er ist Parlamentspräsident, um gegen die Grundlagen der Republik zu wirken. Deshalb entließ er Mitarbeiter nicht, als sie beim Naziversand einkauften. Deshalb behielt er sie danach eigens länger im Dienst. Deshalb beleidigt er den Präsidenten der Jüdischen Gemeinde und schürt antisemitische Gefühle. Deshalb nennt er Arieh Muzicant einen Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus. Sogar der Volkspartei sollte es langsam gedämmert sein. Die Damen und Herren Abgeordneten müßten ihn schon selber abwählen.
Übrigens: Einen antifaschistischen Linksterrorismus gibt es hierzulande nicht. Diese Zweite Republik kannte alleinig Opfer rechtsterroristischer Verbrecher. Etwa Attentäter wie jener Nazi Norbert Burger, Mitglied der Olympia. Martin Graf sagt, er schätze seinen Verbindungsbruder Burger heute noch über den Tod hinaus. Seine „Olympia“ lädt sich gerne Nazisänger ein. Die reißen ihre Scherze über die Vernichtung der Juden.
Wer von Martin Graf redet, muß auch über die ÖVP sprechen, die ihn immer noch hält. Sie spekuliert weiter mit Schwarzblau. Sie sei, sagt sie, gegen Anlaßgesetzgebung. Aber es braucht keinen Anlaß, um einen Parlamentspräsidenten, der mit Antisemitismus spielt und Antifaschismus zum Schimpfwort machen will, nicht mehr zu tolerieren.
Wer von Martin Graf redet, darf auch nicht von jenen sozialdemokratischen Abgeordneten schweigen, die für ihn stimmten. Sie versteckten sich hinter einem Gewohnheitsrecht. Ich meine jedoch, wir haben nicht das Recht, uns zu gewöhnen an einen Nationalratspräsidenten, der an Neonazis anstreift.
Es ist, als versteckte sich die ganze Republik hinter einem ungeschriebenen Gewohnheitsrecht. Der eigentliche Skandal ist, wie gewöhnlich geworden ist, den Haß gegen Muslime, gegen Asylwerber, gegen Zuwanderer, auch gegen Juden wieder zu schüren. Ich kann mich nicht gewöhnen. Ich will mich nicht gewöhnen an die Hetze des Boulevards. Ich will mich nicht gewöhnen an Rassismus. Die Verschärfung der Asylgesetze zielt gegen mein Menschenrecht. Die Diffamierung der Erinnerung ist für mich kein Witz. Wir haben nicht das Recht, uns an die Diffamierung der Überlebenden zu gewöhnen. Dieses zünftige Gewohnheitsrecht ist ein Ungeist der Gleichgültigkeit, ist der Surm aus Wurstigkeit, der zwischen Opfer und Täter nicht unterscheiden will. Wer den Antifaschismus verschmäht, braucht sich nicht zu wundern, wenn die Erinnerung an die Ermordeten nicht einmal mehr in Gedenkstätten gewahrt wird.
Gegen die Angstmache hilft nicht der Rückzug, sondern Zivilcourage. Das Gegenteil von Faschismus ist eben nicht die Toleranz. Im Gegenteil. Toleranz ist die Huld des Herrschers für den Untertan. Toleranz ist, wenn der Mächtige das Atmen des Schwachen eben noch duldet und der Schwache dafür dulden muß das Herrschen und das Rasen der Macht.
Nicht Toleranz, sondern Gleichberechtigung, nicht Gnade, sondern Menschenrecht, nicht Gunst, sondern Respekt brauchen Citoyens. Nicht weniger können, nicht weniger dürfen wir fordern.
Gegenüber Rassismus, rechtsextremer Hetze und neonazistischen Aufmärschen will ich nicht tolerant sein. Martin Graf, dieser Olympionike des Rechtsextremismus, mag unter den Seinen die Säbel wetzen und radikalen Vergnügungen nachgehen. Aber als hoher Repräsentant dieses Staates und als Präsident des Nationalrates ist er nicht zu tolerieren. Seine extremistischen Ergüsse passen nicht auf das Parkett der Republik, sie entstammen dem Abort brauner Vergangenheit und dort sollen sie auch gefälligst bleiben.
Die Lichterkette wird nicht nur für Österreich leuchten. In Italien verkommt die Demokratie. In den Niederlanden triumphiert die Hetze gegen den Islam. In Tschechien leben Roma in Ghettos. In Ungarn sind Faschisten auf dem Vormarsch. Aber es gibt auch ein Europa der Zivilcourage und des Antirassismus. Wir stehen hier für ein Festland der Demokratie. Mögen die anderen im Gestern und im Abendland daheim sein, wir leben, wo ein Morgen anbricht, wo ein Europa der sozialen Vision aufkeimt, wo wir in Vielfalt geeint sind.

Offener Brief an die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie der Grünen

 

Mit Bestürzung nehmen wir zur Kenntnis, daß Martin Graf von der "Freiheitlichen Fraktion" als Kandidat zum Dritten Nationalratspräsidenten nominiert wurde.

Dr. Martin Graf ist Mitglied der Burschenschaft „Olympia“, laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ein „Zentrum des Rechtsextremismus“. 2005 war es etwa die „Olympia“, die den berüchtigten Holocaust-Leugner und wegen Wiederbetätigung verurteilten David Irving zu einem Vortrag nach Wien einlud. Auch wenn Graf sich jüngst in einer gewundenen Erklärung vom Nationalsozialismus distanzierte: Zu den Aktivitäten seiner Burschenschaft, zu ihren Vortragenden, Liedern und Sprüchen, fand er bisher keinerlei Distanz. Ganz im Gegenteil: Er bekennt sich nach wie vor zu den Traditionen und der deutschtümelnden Ideologie der „Olympia“. Für das Amt eines Nationalratspräsidenten fehlt es Martin Graf an einer unzweifelhaft antinazistischen Gesinnung.
Wir appellieren deshalb an Sie und die Nationalratsabgeordneten Ihrer Partei, Dr. Martin Graf nicht zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen.

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