Veranstaltung „Lichtertanz gegen Rosenkranz“ am 25.3.2010
Auf Wahlplakaten der FPÖ ist derzeit Strache zu sehen mit der Parole: „Wir wählen, wen wir wollen.“ Da kann ich nur sagen: Unglaublich; endlich hat Strache das Prinzip demokratischer Wahlen begriffen. Aber was ist der tiefere Sinn dieses Slogans? Was will uns der Führer der Rechtsextremen damit sagen: Etwa, daß er bisher immer jene gewählt hat, die er gar nicht wollte? Meinte denn der einstige Wehrsportskamerad von Küssel & Co, es ginge nicht darum, eine Partei anzukreuzen, sondern bloß darum die anderen Konkurrenten am Wahlzettel auszulöschen? Sie auszuradieren? Immerhin: so ein Mißverständnis würde ideologisch zu seinen damaligen Kriegsspielen recht gut passen.
Aber nicht nur Strache wählt Rosenkranz, weil er sie – ach – so sehr will. Auch die Nationale Volkspartei schmückt sich mit Rosenkranz. Das Parteiprogramm der Nationalen Volkspartei entstammt Teilen des Lehrplans für die weltanschauliche Erziehung in der SS aus dem Jahr 1944. Ja, teils wortwörtlich von 1944 abgeschrieben. Die Vorstandsmitglieder der NVP, ehemalige Anführer neonazistischer Gruppen, unterschrieben bereits Unterstützungserklärungen für Rosenkranz. Rosenkranz hat sich bisher nicht vom Wahlaufruf der NVP distanziert. Die Unterstützungsformulare aus diesem Eck beweisen es: Rosenkranz ist die Kandidatin für Rechtsextremisten und Neonazis. Die eidesstattliche Distanzierung vom Nazismus mußte ihr mit aller Macht abgepreßt werden. Sie wirkt deshalb wie ein bloßes Lippenbekenntnis. Stellen wir es deshalb eindeutig, frei nach Strache fest: Wer Rosenkranz wählt, der will sie. Wer sie wählt, soll uns nachher nicht mit fadenscheinigen Ausreden langweilen. Wer sie unterstützt, befördert jenen Ungeist, der einmal schon nach Auschwitz führte.
Ich wundere mich ja nicht darüber, wenn Rosenkranz es nicht schafft, sich jenseitige Recken vom Leib zu halten. Sie ist ja mit so einem verheiratet. Ich wundere mich nicht, wenn die Freiheitlichen sie aufstellen. Sie haben schließlich den burschenschaftlichen Olympioniken des Rechtsextremismus, Martin Graf, zum Nationalratspräsidenten gemacht. Ich wundere mich nicht, wenn Rosenkranz Bücher gegen die Gleichstellung von Frauen und Männern schreibt. Sie sagt, Gleichstellung ist wider die Natur. Nein, wir müssen uns nicht wundern. Wir müssen bloß klarstellen: Diskriminierung ist nichts Natürliches, sondern immer nur eine Unkultur. Wir müssen uns nicht einmal darüber wundern, was im Verlagstext steht. Rosenkranz schreibt, heißt es dort, auch gegen die Verweiblichung von Verkehrsschildern. Wen wundert’s: Wer zweisprachige Ortstafeln bekämpft, kann sich auch vor der Verweiblichung von Verkehrsschildern fürchten. Plakativer kann die Verbindung zwischen Rassismus und Sexismus nicht sein.
Nein, das alles muß uns nicht verwundern, denn der eigentliche Skandal an der Kandidatur von Rosenkranz, ist der Meister des Kleinformatigen und heißt Hans Dichand. Unerträglich ist, daß die Krone, die schon seit Jahren das Zentralorgan des Ressentiments ist, nun so weit geht, Rosenkranz zu unterstützen. Unmöglich wäre so eine Haltung in einer großen Zeitung Deutschlands oder Frankreichs. Wer die Auschwitzleugung zur reinen Meinungsfrage erklärt, kann nicht damit rechnen, von der Bild Zeitung hochgepriesen zu werden. Hans Dichand hat sich eine Kandidatin erkoren. Dagegen stehen wir heute hier. Dagegen protestieren wir.
Aber wir sollten auch klarstellen: Dichand hat sich verkalkuliert. Die Reaktion innerhalb der österreichischen Bevölkerung gegen Rosenkranz war stärker, als er dachte. Die Abwehr gegen Rechtsextremismus und Vergangenheitsverleugnung war eindeutiger, als er hoffte. Deshalb mußte Dichand der freiheitlichen Kandidatin überhaupt diese eidesstattliche Erklärung abverlangen. Wir sollten das nicht vergessen. Wir sind heute viele, aber wir sind auch Teil einer größeren Bewegung. Wir stehen hier für viele, die zwar nicht hier sein mögen, aber die nicht schweigen wollen, wenn die Existenz von Gaskammern durch Tricks in Zweifel gezogen wird. Mit der Verharmlosung der Vernichtung konnte in Österreich nicht mehr gepunktet werden. Auch dafür stehen wir da.
Und immerhin: Sogar jene konservativen Politiker, die noch vor einigen Wochen meinten, Rosenkranz sei eine bürgerliche Alternative, rückten von ihr ab. Ja, wer hätte es gedacht: Selbst die Innenministerin Maria Fekter stellte klar, nicht für Rosenkranz stimmen zu wollen. Fekter meinte allerdings, für sie sei Rosenkranz unwählbar, weil sie ihre Kinder, weil also Hedda, Ute, Alwine, Sonnhild, Volker, Hildrun, Mechthild, Arne, Horst und Wolf, weil sie diese ganze Schar nicht taufen ließ und weil Rosenkranz selbst aus der Kirche ausgetreten ist. Sind das die Gründe, weshalb Rosenkranz für Demokraten unwählbar ist? Nein. Unsere Gründe heißen einfach Antinazismus und Demokratie.
Ich will nicht ungerecht sein. Endlich hat die Volkspartei den Wiener Akademikerbund ausgeschlossen. Wer weiß, vielleicht erleben wir es noch, daß die Volkspartei aufruft, nicht weiß zu wählen, sondern für einen demokratischen Kandidaten, der klar und deutlich für ein antinazistisches Österreich Stellung bezieht. Wer weiß, vielleicht erleben wir es noch, daß die Abgeordneten der Volkspartei und der Sozialdemokratie sich zusammen tun können, um Martin Graf als Nationalratspräsident abzuwählen. Gegen Rechtsextremismus und Rassismus hilft nicht Toleranz und nicht Gleichgültigkeit, sondern Zivilcourage und Gleichberechtigung. Nicht weniger können, nicht weniger dürfen wir fordern. Schon gar nicht, wenn es ums höchste Amt im Staate geht.
Es ist an der Zeit, antimuslimische Hetze und Antisemitismus nicht zu tolerieren und nicht zu akzeptieren. Es ist an der Zeit, Demokratie und Republik gegen ihre Feinde zu verteidigen. Es ist an der Zeit, die richtige Wahl zu treffen für ein Österreich, das sich der nazistischen Vergangenheit stellt, für ein Österreich der Demokratie. Es ist an der Zeit.
Rede von Doron Rabinovici
anlässlich der Veranstaltung "Lichtertanz gegen Rosenkranz" am 25.3.2010