SONNTAG, 9. März 2025, im RC, Fischerstiege 1-7, 1010 Wien, Beginn: 19 Uhr
Das Lesetheater hat in der Vergangenheit bereits, unter der künstlerischen Leitung von Christoph Prückner, Kronbergs Dramen „Nittel – Blinde Nacht“ (2017) und „Der Tod im Hafen“ (2020) als Lesung zur Aufführung gebracht. Eine komplette Inszenierung von „Blinde Nacht“, in der Regie von Prückner, wurde 2019 im TheaterArche gezeigt.
In der nunmehr dritten Auseinandersetzung mit dem Werk dieses in Vergessenheit geratenen österreichisch-jüdischen Schriftstellers werden zwei chorisch-dokumentarische, dezidiert poltisch-aufklärerische Kurzdramen vorgestellt, die Kronberg zunächst für interne Aufführungen in seinem Kibbuz Givat Chajim geschrieben und gemeinsam mit Mitgliedern des Kibbuz einstudiert hat.
„Wien 1936“ (UA 1936) erzählt collagenartig-rhythmisiert vom Wiener Arbeiteraufstand von 1934 (den sogenannten „Februarkämpfen“), einem der letzten großen (und letztlich gescheiterten) Versuche, den Aufstieg des Faschismus in Österreich noch zu verhindern.
„Wir klagen dieses Volk an“ (UA unbekannt, entstanden wahrscheinlich 1933/34), angeregt durch die Ermordung des gemäßigten zionistischen Politikers Chaim Arlosoroff im Juni 1933 schildert Kronberg hier die historische Entwicklung des Zionismus bis hin zu dem Versuch, in Palästina einen jüdischen Staat zu gründen. Dabei erforscht er auch die Ursachen, die zu heftigen Konflikten zwischen diversen zionistischen Gruppierungen geführt haben könnten (zu einem Zeitpunkt, als die Zukunft noch ungewiss war und die tatsächliche Gründung Israels noch in weiter Ferne lag), und die sich teilweise noch in heutigen Diskussionen widergespiegelt sehen.
Ergänzt wird der Abend durch weitere Texte, die auch die privatere und lyrischere Seite Kronbergs sowie seine stilistische Bandbreite zeigen: das intime, symbolistisch-psychologische Kammerspiel „Die Wand“ (Erstveröffentlichung 1932, bislang ungespielt) sowie eine Auswahl expressionistisch beeinflusster Gedichte.
Über den Autor
Simon Kronberg (* 26. 6. 1891 Wien – 1. 11. 1947 Haifa), geboren und aufgewachsen in Wien-Leopoldstadt, geht mit 22 Jahren nach Deutschland, studiert dort Schauspiel, Gesang und Phonetik und veröffentlicht in Berlin literarische Texte. Er ist überzeugter Zionist und Sozialist und immigriert bereits 1934, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, als Leiter einer sozialistisch-zionistischen Jugendgruppe nach Palästina. Dort arbeitet er als Schuhmacher in einem Kibbuz sowie als Chorleiter für Erwachsene und scheibt Erzählungen, Gedichte sowie zahlreiche Theaterstücke – bei uns fast alle noch ungespielt. Er stirbt im November 1947 in Haifa, die Gründung Israels am 24. Mai 1948, auf die er Zeit seines Lebens gehofft hatte, kann er nicht mehr miterleben.