Dienstag, 27. Februar 2018, 19 Uhr, im RC:
WO LIEGEN DIE ROTEN LINIEN?
Setzt die politische Verantwortung erst bei der strafrechtlichen Verurteilung ein?
Darüber und über die rechtlichen Möglichkeiten, gegen Wiederbetätigung, Verhetzung, Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung vorzugehen, sowie über die konkreten Erfahrungen damit, soll an diesem Abend aus aktuellen Anlässen und auf Grund zahlreicher „Einzelfälle“ diskutiert werden….
Am Podium:
Georg ZANGER:
Prof. Dr. Georg Zanger ist der Sohn von zwei jüdischen Widerstandskämpfern, Ernestine und Jakob Zanger, die vor allem in Belgien gegen die Besetzung durch deutsche Truppen aktiv waren. Seine Familie hat durch den Holocaust 23 ihrer Mitglieder in den Konzentrationslagern verloren.
Zanger ist seit 1975 selbständiger Rechtsanwalt in Wien. Seine berufliche Karriere begann in der Kanzlei seines Vaters Dr. Jakob Zanger. Heute führt er die Kanzlei unter der Marke „zanger-bewegt“, die dafür bekannt ist, kreative Lösungen zu finden. Prof. Zanger gilt als Experte insbesondere im Urheber-, Medien-, Telekommunikations- und Wettbewerbsrecht.
Darüber hinaus zählt Zanger zu den hartnäckigsten Gegnern neonazistischer, antisemitischer und rassistischer Betätigung. Unter anderem wurde für dieses Engagement vom Bundespräsident Dr. Fischer der Professorentitel verliehen.
Schon Friedrich Peter musste seine Privatanklage gegen einen Journalisten der Volksstimme zurückziehen, als Zanger ankündigte aus sowjetischen Archiven den Nachweis zu erbringen, dass auch er, so wie selbst alle Meldereiter und Köche, die der SS angehörten, bei Erschießungen unschuldiger Menschen beteiligt waren.
Die Kronenzeitung verzichtete auf Fortsetzung eines Verfahrens gegen die von Zanger vertretene Volksstimme, die berichtet hatte, dass die damalige Judenserie antisemitische Inhalte verbreitete.
Der von Zanger erbrachte Wahrheitsbeweis der neonazistischen Schreibweise der ÖTB-Zeitung (Urteil des LG f Strafsachen Wien vom 23. 4. 1981) war der faktische Beginn der strafrechtlichen Verfolgung neonazistischer Publikationen in Österreich.
Die von Zanger verfasste VfGH-beschwerde gegen die Zulassung der ANR zu Hochschulwahlen in Österreich und das dieser folgenden VfGH Urteil (G175/84 vom 29.11.1985) hat den Grundstein für den Ausschluss neonazistischer Vereine bei Wahlen in Österreich gelegt.
In verschiedenen Medienverfahren hat Zanger in der Folge eine Vielzahl von aufrechten Journalisten erfolgreich vertreten.
In seiner sog. „Spinnennetz“-Strafanzeige hat Zanger den Nachweis für die Verflechtung der FPÖ mit neonazistischen in-und ausländischen Organisationen erbracht und insbesondere die Burschenschaften und ihr Gedankengut dokumentiert. Zuletzt hat er Strache wegen der auf seiner Facebookseite verbreiteten Hass-postings angezeigt.
Zanger kämpft weiter gegen die Verbreitung von Rassismus und Verhetzung welcher Art auch immer und vertritt vor allem auch viele Flüchtlinge.
Ruth WODAK:
Em. Univ. Prof., Sprachsoziologin und Diskursforscherin an den Universitäten Wien und Lancaster (UK); Wittgensteinpreisträgerin 1996.
Derzeit Willi Brandt Gastprofessur 2017, University Malmö
Forschungsschwerpunkte: Identitätspolitik; Vorurteilsforschung; Rechtspopulismus;
Rezente Buchpublikationen: Handbook of Language and Politics (mit B. Forchtner), Routledge 2017; Politik mit der Angst, Konturen 2016; Kinder der Rückkehr. Zur Geschichte einer marginalisierten Jugend (mit E. Berger), Springer 2018 (in Druck).
Laufendes FWF Forschungsprojekt: Zur diskursiven Konstruktion österreichischer Identitäten – 2015 (http://nationale-identitaet-2015.univie.ac.at/),
Andere Infos unter: http://www.lancaster.ac.uk/linguistics/about-us/people/ruth-wodak
Ausschnitt aus Professor Rudolf Gelbards Wortmeldung am 27.02.2018:
Fotos: © Republikanischer Club – Neues Österreich